Kurz & knapp

  • PEP heißt Postexpositionsprophylaxe, also sinngemäß etwa „Nach-Risiko-Vorsorge“.
  • PEP ist keine einfache „Pille danach“, sondern eine verschreibungspflichtige, ärztlich mehrfach zu kontrollierende Notfallbehandlung mit antiviralen Medikamenten, welche täglich über 28 Tage hinweg eingenommen werden müssen.
  • Ziel der PEP ist die nachträgliche Verhinderung einer HIV-Infektion, wenn bereits ein relevantes Übertragungsrisiko bestand.
  • Die PEP bzw. die erste Tabletteneinnahme sollte möglichst innerhalb von 2 bis 24 Stunden nach der Risikosituation begonnen werden, spätestens bis 48 Stunden.
  • Der erwartbare Schutzeffekt liegt bei Ø 80%. Bei frühzeitiger Einnahme (<24h) verläuft die PEP in >95% der Fälle erfolgreich.

Bezugsberechtigte Personen

Die PEP wird nur von HIV-Facharztpraxen und großen Krankenhäusern angeboten. Über die Verschreibung der PEP entscheidet der diensthabende Arzt. Dieser erfragt und gibt vorher die notwendigen
Informationen in einem verpflichtenden Anamnese- bzw. Beratungsgespräch.
Entscheidungsgrundlage des Arztes ist die Deutsch-Österreichische Leitlinie zur HIV-PEP (Stand: 2022).

Nach dieser Leitlinie wird die HIV-PEP…

empfohlen

  • nach unsicherem Analverkehr, wenn der Sexpartner bekanntermaßen HIV-positiv und der Therapiestatus (Viruslast) unbekannt ist.
  • nach unsicherem Anal- oder Vaginalverkehr, wenn der Sexpartner bekannt HIV-positiv und in antiretroviraler Behandlung ist, aber eine Viruslast von über 50 Kopien/ml Blut aufweist (er also „über der Nachweis­grenze“ ist).
  • nach gemeinsamer Nutzung von Injektionsbesteck bzw. nach Stichverletzungen mit einer zuvor frisch benutzten Nadel
  • nach seriellen blutenden Schnittverletzungen durch das gleiche Instrument (z. B. nach einer Messerattacke mit mehreren Opfern).    

angeboten

  • nach unsicherem Anal- oder Vaginalverkehr, wenn der HIV-Status des Sexpartners unbekannt bzw. nachträglich nicht zu klären ist.
  • nach unsicherem Anal- oder Vaginalverkehr mit Personen, die intravenös Drogen gebrauchen.
  • unsicherem Anal- oder Vaginalverkehr mit Personen, die aus einem HIV-Hochprävalenzgebiet stammen (könnten) und deren Blutstatus unbekannt ist.
  • nach einer Vergewaltigung bzw. sexueller Gewalt mit ungeschütztem Anal- oder Vaginalverkehr, insbesondere wenn der Täter bekanntermaßen MSM ist, intravenös Drogen konsumieren oder aus einer HIV-Hochprävalenzregion stammen könnte.

nicht verschrieben

  • nach heterosexuellem Gelegenheitskontakt („One Night Stand“), auch wenn der HIV-Status des Sexpartners unbekannt ist.
  • nach Oralverkehr, da das Risiko heute als gering eingeschätzt wird (auch nicht nach einer Vergewaltigung).
  • nach Anal- oder Vaginalverkehr, wenn der Sexpartner bekannt HIV-positiv ist, aber eine Viruslast von weniger als 50 Kopien/ml Blut aufweist (d. h. „unter der Nachweisgrenze“ ist).
  • nach ggf. unsicherem Anal- oder Vaginalverkehr mit Sexarbeitenden.

Bezugsstellen in Thüringen

  • Versuche bitte unbedingt, Ruhe zu bewahren! Wenn möglich, kontaktiere noch mal deinen Sexpartner und frage ihn nach seinem HIV-Status. Oft lassen sich auf diesem Weg schon Befürchtungen ausräumen, z. B. wenn die Person sich regelmäßig auf HIV & STI testen lässt. Falls eine erneute Kontaktaufnahme nicht möglich ist, du aber ein relevantes Risiko hattest (siehe oben), wende dich
  • werktags zu den üblichen Öffnungszeiten an eine der HIV-Schwerpunktpraxen in Thüringen bzw.
  • am Wochenende bzw. nachts an eine für dich zeitnah erreichbare Zentrale Notaufnahme (ZNA):

Universitätsklinikum Jena
– Zentrale Notaufnahme –
Am Klinikum 1
07747 Jena
Website

= einzige offizielle Bezugsstelle in Thüringen

Helios-Klinikum Erfurt
– Zentrale Notaufnahme –
Nordhäuser Straße 74
99089 Erfurt
Website

= inoffizielle Bezugsstelle, ohne Garantie!

  • Begib dich möglichst umgehend dorthin! Wenn möglich, lass dich durch deinen Sexpartner dorthin begleiten. So können relevante Fragen geklärt und ggf. gleich beide Personen getestet werden.
  • Weise in der ZNA darauf hin, dass du eine HIV-PEP (Postexpositionsprophylaxe) machen möchtest. Frage hierzu am besten nach dem diensthabenden Internisten (andere Ärzte kennen sich mit der PEP oft nicht gut aus).

Zeitfenster

Ob bzw. wie gut die PEP schützt, hängt maßgeblich vom Zeitpunkt des Behandlungsbeginns ab.

  • innerhalb von 2 Stunden nach der Risikosituation (beste Schutzwirkung mit >95% erwartbar)
  • innerhalb von 24 Stunden nach intravenösen Nadelstich-, Biss- oder Stichwunden
  • spätestens bis 48 Stunden nach ungeschütztem Sex (anal oder vaginal)
  • nach 48 Stunden lehnen viele Kliniken eine PEP ab (geringe Erfolgsaussicht, hohes Risiko für Nebenwirkungen)
  • ab 72 Stunden ist die PEP unwirksam und nicht verschreibungsfähig

Ablauf & Funktionsweise der Behandlung

  • In der Praxis/Ambulanz wird dir zunächst Blut abgenommen. Damit wird ein Vorab-HIV-Test gemacht und eine Blutreserve für die spätere Laboruntersuchung zurückgelegt. Du erhältst eine erste Dosis PEP-Medikamente und eine Überweisung für die Praxis eines spezialisierten HIV-Facharztes. Dieser betreut dich in den kommenden Wochen.
  • Du nimmst die Medikamente üblicherweise über 28 Tage hinweg ein (täglich 1 Tablette). Das Medikament besteht aus einer Kombination mehrerer antiretroviraler Wirkstoffe, die verhindern, dass das HI-Virus sich im Körper festsetzt.
  • Während der 28-tägigen PEP kannst Du deinen behandelnden HIV-Arzt auch gleich darum bitten, dich mit gegen andere STI, beispielsweise Hepatitis A+B zu impfen.
  • Wie bei den meisten Medikamenten ist auch bei der PEP mit temporären Nebenwirkungen zu rechnen. Häufig berichtet werden Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Übelkeit.
  • Während der Behandlung wird dein Blut mehrfach ärztlich untersucht. Nach 28 Tagen solltest du einen abschließenden HIV-Test machen, um den Behandlungserfolg zu kontrollieren.

Kostenübernahme

  • Wenn dir die PEP ärztlich verschrieben wurde, übernimmt deine gesetzliche Krankenkasse die Kosten der Behandlung.
    Andernfalls sind diese ggf. selbst zu tragen.

Weiterführende Informationen: